Barrierefreie PDF-Dateien: Erstellung und Prüfung

Barrierefreie PDF-Dateien: Erstellung und Prüfung

Was bedeutet eine „barrierefreie PDF“?

Mehrere Grundlagen definieren die Barrierefreiheit von PDF-Dateien. Rechtliche Ausgangslage in Deutschland bildet das Behindertengleichstellungsgesetz von 2002, das sich wiederum für die digitale Welt in der BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) niederschlägt. Diese wiederum ist eng verwoben mit den WCAG 2.1 (Web Content Accessibility Guidelines) Kriterien. Zudem regelt die DIN ISO 14289-1 die „Verbesserung der Barrierefreiheit für das Dateiformat von elektronischen Dokumenten“. Aber Schluss mit dem offiziellen Teil – werden wir doch lieber direkt konkret. 😀

Barrierefreiheit bedeutet in erster Linie die einfache Bedienbarkeit, Lesbarkeit und Verständlichkeit von PDF-Dateien für Menschen mit unterschiedlichsten Einschränkungen und Behinderungen.

Welche Arten von PDF-Dateien gibt es?

Es gibt vier wesentliche Arten von PDF-Dateien:

  1. Durch Konvertierung z.B. Microsoft Word, Excel, Open Office oder Adobe InDesign
  2. Bild-PDF: Durch Digitalisierung von physischen Dokumenten (Scans)
  3. Durchsuchbare PDFs: Hierbei werden Bild-PDFs via OCR (Optical Character Recognition) gelesen und indexiert, so dass im Nachgang Texte erkannt, durchsucht und von Screenreadern gelesen werden können
  4. Durch Erstellen in Acrobat Reader z.B. in Verbindung mit dem kostenlosen Plugin von CommonLook PDF Validator

Microsoft Word - Check Barrierefreiheit
Anzeige zur Optimierung der Barrierefreiheit in Microsoft Word vor dem Export

Wie wird eine PDF-Datei barrierefrei?

Für eine barrierefreie PDF-Gestaltung gibt es eine Vielzahl von Kriterien. Dabei geht es hinsichtlich der PDF-Versionen um den PDF-Typ „PDF/UA“ (PDF/Universal Accessibility). Hier ein wesentlicher Ausschnitt der Kriterien:

Grundsätzlicher Aufbau und Bedienbarkeit

  • Einsatz von fortlaufenden Kopf- und Fußzeilen
  • Meta-Daten als Orientierungshilfe inkl. Paginierung
  • Eindeutige Dokumententitel
  • Definition der Dokumentensprache (lang-Tag)
  • Lesezeichen
  • Definition der Reihenfolge zur einfachen Bedienung mit der Tastatur
  • Verwendung von ausschließlich lesbarem Text

Wesentliche Bestandteile des Aufbaus decken sich mit den Anforderungen, die bereits für Inhalte und Funktionen von Websites gelten. Dabei gilt, dass auf Basis der W3C-Anforderungen (HTML und CSS) eine Barrierefreiheit leichter erreichbar ist, als mit einer PDF-Datei.

Farben, Grafiken/Bilder

  • Wahrung von Kontrastverhältnissen
  • Berücksichtigen von Farbfehlsichtigkeit und Farbenblindheit
  • Alt-Einträge für Bilder und Grafiken
  • Ausblenden von rein dekorativ verwendeten Bildelementen

Anzeige einer Farbprüfung nach BITV
Darstellung von Farbkontrasten in Firefox mit dem Plugin „WCAG Color Contrast checker“.

Markups und korrektes „Vertaggen“ von Elementen

Die Grundlage der Zugänglichkeit wird durch eine hierarchische Tag-Struktur abgesichert. Ohne diese Tags fehlt die logisch Struktur. Folgende Anforderungen gilt es zu beachten:

  • Kennzeichnung von Formularfeldern durch Beschriftungen
  • Hinzufügen von verständlichen Fehlermeldungen bei falschen oder fehlenden Formulareingaben
  • Vollständige Deklaration von Formularfeldtypen (wie Text, Kontrollkästchen, Radiobutton usw.)
  • Deklaration von Tabellen über Table-Tags
  • Verwendung von Überschriften-Tags (h1 bis hx) für die verständliche Gliederung des Texts
  • Bereitstellung von funktionierenden Links und nachvollziehbaren Link-Texten

Ergebnis der Tag-Fehler werden in Acrobat Reader angezeigt
Anzeige des Zustands von Tags – vor der Fehlerbeseitigung

Wie lässt sich die Barrierefreiheit einer PDF-Datei prüfen?

Mittlerweile bieten Adobe Acrobat Pro und Microsoft Word integrierte Prüfungen zur Barrierefreiheit. Im Bereich der Acrobat Pro Werkzeuge findet sich unter Barrierefreiheit ein integrierter Test, dessen Ergebnisse nach Tags, Formularangaben, Alternativtext, Tabellen, Listen und Überschriften aufschlüsselt. Bei der tieferen Prüfung mit dem etablierten PAC Accessibility Checker und dem Screenreader NVDA werden weitere Fehler sichtbar. Die Barrierefreiheit von PDF-Dateien ist ein breites Feld und lässt sich leider nicht mit ein paar wenigen Handgriffen und Klicks sicherstellen. Mehrtägige Schulungen zu dem Thema können dessen Komplexität noch bewusster machen.

Für all jene, die sich etwas tiefer in die Materie einarbeiten möchten, empfiehlt unser BITV-Fachmann Michael Wild an dieser Stelle das Buch „Barrierefreie PDF-Dokumente erstellen“ von Klaas Posselt und Dirk Frölich empfehlen. In dem Buch wird auf über 600 Seiten das Thema von allen Seiten fachlich beleuchtet.

Beispiele einer Sprachaufnahme mit dem Screenreader NVDA:

 

In unserem Blogpost „Barrierefreies Webdesign – Frontend-Technik und Prüfung“ findest du übrigens eine Reihe weiterer Tipps, wie du dein Webangebot zugänglich für alle Menschen machst.

 

Du hast Fragen zu barrierefreien PDF-Dateien?
Du benötigst Unterstützung bei nachträglichen Anpassungen bereits existierender Dokumente oder Formular-PDFs?
Wir übernehmen die Prüfung und auch die Überarbeitung dieser Dateien.

Kontakt mit PPW aufnehmen

 


Barrierefreie PDF-Dateien – hilfreiche Links:

Wissen
Aktion Mensch: Checkliste barrierefreie PDF-Dokumente
Bundesfachstelle Barrierefreiheit: Linkliste zu Barrierefreiheit 
Praxishandbuch „Barrierefreie PDF-Dokumente“

Software
PAC 3 PDF Accessibility Checker
Kostenloser Screenreader NVDA
CommonLook PDF Validator
Adobe: „Barrierefreie PDF-Dokumente erstellen