Retrospektive: Der lohnende Blick in den Rückspiegel

Retrospektive: Der lohnende Blick in den Rückspiegel

Warum wir bei PPW auch mal zurückblicken

„Immer nach vorne schauen“. „Never look back“. Es gibt viele Lebensweisheiten mit der vermeintlich richtigen Blickrichtung.
Aber gelten die auch für den professionellen Alltag? Ganz klar: Der Blick nach hinten lohnt. „Don’t look back in anger“ schrieb Liam Gallagher – und dafür muss man gehörig zurückblicken – vor 25 Jahren. Das trifft es vielleicht besser, denn für unsere digitale Arbeit ist der gemeinsame Blick zurück ein Schlüssel für unser Lernen als Organisation und für jeden Einzelnen, nur eben ganz ohne anger. Hier stelle ich dir vor, wie wir bei PPW den Blick zurück gestalten.

Was ist eine Retrospektive?

Retrospectare [lat.]: Zurückblicken. Und damit ist auch schon fast alles erklärt. Retrospektiven sind eine Ausstellungsform in der Kunst und kommen in der Wissenschaft als Form der Forschung vor. In unserem Fall geht es um die Arbeit in Projektteams. Unabhängig von der genauen Methodik, die ein Team in ihrer Retrospektive einsetzt, geht es zunächst einmal darum, nach einem umgesetzten Projekt zusammen kurz Luft zu holen und als Team aus der Zusammenarbeit Rückschlüsse zu ziehen.

Eine Retrospektive kann auch als Scrum Retrospective – als Rückblick auf einen Teilbereich eines Großprojekts (sog. Sprint) erfolgen. Sie muss also nicht erst am Ende eines Gesamtprojekts stehen. Da es hier aber nicht um Scrum oder agile Projektmethoden gehen soll, bleiben wir bei dem Retro-Intervall, das wir für uns gewählt haben.

Was haben wir gut gemacht und warum? Was haben wir nicht gut gemacht und wieso? Wo gab es Probleme in der Kommunikation? Wie müssen wir unsere Arbeitsweise optimieren? Wie können wir noch bessere Ergebnisse liefern?

Was sind die Vorteile der Retrospektive?

„Wo gehobelt wird…“
In jedem Team und in jedem Projekt entstehen Reibungen, Probleme und Konflikte. Egal ob zeitlicher Stress, Mängel in der Kommunikation, unterschiedliche Erwartungshaltungen oder Betrachtungsweisen – die Faktoren sind vielfältig. Hier und da entsteht Frustration, die im Projektgeschehen mitunter runtergeschluckt oder übergangen wird.

Eine Retro bietet in erster Linie Raum und Zeit, um die „Späne“ aufzusammeln und dem Team als einem Gefüge individueller Charaktere eine Kommunikationsplattform zu bieten. Positive Erfahrungen oder Lessons Learned aus einem Projekt sollen dabei ebenso angesprochen werden, wie die Dinge, die im Folgeprojekt besser auf andere Weise ablaufen sollten. Das stärkt das Team als Ganzes, löst Verstimmungen beim einzelnen Mitglied und führt vor allem zu besseren Ergebnissen in der Zusammenarbeit.

Letztliches Ziel dieses Lernprozesses ist eine höhere Effektivität und Effizienz im multidisziplinären Team, ähnlich wie bei einer Maschine, deren Zahnräder exakt ineinander greifen und die durch eine Retro gut geölt wird.

Aufbau einer Retrospektive

Für einen geordneten Ablauf und vor allem für nützliche Ergebnisse eines solchen Formats braucht es einen Rahmen. Das Meeting erfordert eine Vorbereitung und eine moderierende Person, die nicht in das Projektgeschehen involviert war.

Die Agenda besteht aus:

  • Intro / Warm-Up
  • Schaffung der Datengrundlage
  • Diskussion
  • Ableitung Maßnahmen
  • Feedback-Runde / Fazit

In der Intro kann man mit verschiedenen Methoden die Teilnehmer kurz einstimmen und zugleich die allgemeine Gefühlslage zum Projekt abklopfen. Dafür gibt es verschiedene Warm-Up Übungen, um die Gesprächsfreudigkeit bei allen Teilnehmern herzustellen.

In der anschließenden Phase des Datensammelns werden die bereits über die Vorbereitung eingesammelten Punkte und Themen in Clustern vorgestellt.

Anschließend folgt der längste Part. In der Diskussionsrunde werden alle Dinge besprochen. Ziel ist Erkenntnisgewinn. Ausdrücklich sind hier auch Aspekte zu besprechen, die besonders gut waren und auch die Ursachen, warum diese Dinge gut gelaufen sind. Auf der anderen Seite geht es nicht darum, Schuldige für eventuelle Fehler auszumachen, sondern um konstruktive Vorschläge für die Optimierung. Hier ist die Moderation am ehesten gefordert, da in dieser Phase erfahrungsgemäß Themen schnell ausufern. Wichtige Grundregel ist, dass nicht nur jeder zu Wort kommt, sondern dass auch jeder gut zuhört. Beides kann im Projektalltag gelegentlich zu kurz kommen.

Auf dieser Phase bauen die Maßnahmen auf, die für die weitere Zusammenarbeit als sinnvoll erachtet werden. Da oftmals eine Vielzahl von kleinen und großen Maßnahmen zusammenkommt, werden diese im Kollektiv priorisiert. Auf Basis dieser Entscheidungen können die wichtigsten Verbesserungspunkte gezielt angegangen werden.

Die Schlussrunde kann wieder flexibel gestaltet werden. Eine von vielen Optionen ist ein 1:1 Feedback, bei dem sich ein Teammitglied gezielt von einem anderen Teammitgliedein persönliches Feedback abholt. Wie hast du mich im Projekt erlebt? Was habe ich aus deiner Sicht gut gemacht und was könnte ich noch optimieren? Das Besprochene aus diesem 1:1 Feedback bleibt dann nur zwischen diesen beiden Personen.

Jede Menge konkrete Anregungen zum Format Retrospektive findest du auf der sehr empfehlenswerten Website: https://retromat.org/de/


Titelfoto: Kalle Kortelainen on Unsplash